Neue Studie zu Zystennieren: Verödung der Nierennerven könnte helfen

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.
Nieren und Blutdruck hängen eng zusammen. Eine Studie des Uniklinikums Erlangen erforscht jetzt eine neue Therapie bei Zystennieren, die vor allem in Mittelfranken verbreitet sind. Foto: Franziska Männel/Uniklinikum Erlangen

Medizin 4 des Uniklinikums Erlangen sucht Patientinnen und Patienten – Mittelfranken besonders betroffen

Bei Bluthochdruck ist die Verödung (Ablation) der Nierennerven – auch Renale Denervation (RDN) genannt – nachweisbar erfolgreich. Die Therapie kommt vor allem für Menschen infrage, deren Bluthochdruck nicht auf Medikamente anspricht, oder die aus verschiedenen Gründen keine Blutdrucksenker vertragen. Eine Pilotstudie der Medizinischen Klinik 4 – Nephrologie und Hypertensiologie (Direktor: Prof. Dr. Mario Schiffer) des Uniklinikums Erlangen untersucht jetzt, inwiefern die RDN auch bei Zystennieren hilft, im Fachjargon: bei der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD).

„Das vegetative Nervensystem ist bei Menschen mit Zystennieren zu aktiv. Dadurch steigt der Blutdruck, der Herzmuskel verdickt sich und das Nierengewebe wird permanent schädlichen Nervenimpulsen ausgesetzt“, erklärt Prof. Dr. Roland Schmieder, Oberarzt der Medizin 4 und Leiter der hiesigen Klinischen Forschungsstation für Hypertonie und Gefäßmedizin. Bei der ADPKD werden die Nieren mit der Zeit mehr und mehr von Zysten übersät. Dies ist der Unterschied zu einzelnen Nierenzysten, die in der Regel unbedenklich sind. Bei ADPKD baut sich das Gewebe des Doppelorgans komplett um und verliert zusehends seine Filterfunktion. „Es ist erwartbar, dass die Renale Denervation den Blutdruck senkt und damit die Nieren schützt – auch bei Zystennieren“, betont Prof. Schmieder. In seinem neuen Forschungsprojekt will er jetzt herauszufinden, ob sich auch der fortschreitende Gewebeumbau und der Funktionsverlust mit der RDN aufhalten lassen.

Teilnehmende mit ADPKD und Bluthochdruck gesucht

Die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung tritt meist im Alter zwischen 20 und 55 Jahren auf. Sie ist erblich bedingt und in Mittelfranken besonders häufig. Zystennieren können sich in Form von Bauchschmerzen, überdurchschnittlich vielen roten Blutkörperchen im Urin und Bluthochdruck äußern. Diagnostiziert werden sie mittels Ultraschall oder CT. Schlimmstenfalls führt die Erkrankung zur Dialysepflicht oder gar zu einer Transplantation. „Ab einem gewissen Stadium ist es dann zu spät für eine Rettung des Organs und es kommt nur noch eine Nierenersatztherapie infrage“, erläutert Prof. Schmieder. „Deshalb richten wir uns mit unserer Studie vor allem an Menschen in einer frühen Phase der Erkrankung und an Verwandte ersten Grades, die ebenfalls betroffen sein könnten. Wenn wir rechtzeitig behandeln, besteht die Hoffnung, dass wir den Gewebeumbau hinauszögern oder aufhalten können.“ Die Nierennervenablation im Rahmen der Forschung erfordert einen 24-stündigen stationären Aufenthalt am Uniklinikum Erlangen. Teilnehmende der Pilotstudie müssen mindestens 18 Jahre alt sein, an ADPKD leiden und gleichzeitig Blutdruckwerte über 125/75 mmHg haben – trotz der Einnahme von einem bis hin zu vier blutdrucksenkenden Medikamenten. Insgesamt 44 Teilnehmende können in die Studie aufgenommen werden, wobei alle Patientinnen und Patienten (zeitlich versetzt) die RDN-Therapie erhalten.

Wie läuft die Nierennervenablation ab?

Entlang der Nierenarterien verlaufen Nerven, die nicht nur für die Signalübertragung zwischen Nieren und Gehirn zuständig sind, sondern auch den Blutdruck regulieren. Bei der RDN wird die Aktivität dieser Nierennerven verringert, sodass das Organ weniger schädliche Impulse erhält und – so die Erwartung – die Zysten langsamer wachsen. Im Tierexperiment wurde dieser Effekt bereits bewiesen; jetzt wollen ihn die Erlanger Forschenden weltweit erstmals auch beim Menschen belegen. Dazu werden die entsprechenden Nervenstränge minimalinvasiv mit einem dünnen Katheter, der durch die Leiste eingeführt wird, verödet. Am Ende des Katheters befindet sich ein kleines Instrument, das die Nervenbahnen mittels ultraschall- oder stromerzeugter Wärme durchtrennt.

Erlangen ist Zentrum für Renale Denervation

Das Uniklinikum Erlangen wurde kürzlich von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V., der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Hypertonie und Prävention – Deutsche Hochdruckliga e. V. als Zentrum für Renale Denervation zertifiziert. Dies gewährleistet, dass die Nierennervenablationen kontrolliert und unter höchsten Qualitätsstandards ablaufen.

Hinweis für die Medien

Fotos und Filmaufnahmen während einer Renalen Denervation am Uniklinikum Erlangen im Rahmen der laufenden Studie sind nach Rücksprache möglich. Zudem kann auf Wunsch der Kontakt zur bayerischen Selbsthilfegruppe Familiäre Zystennieren e. V. hergestellt werden. Anfragen können an presse@uk-erlangen.de gerichtet werden.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Roland Schmieder
09131 85-42951
crc.m4@uk-erlangen.de

Originalbericht