Zur Geschichte der Medizinischen Fakultät

Die Geschichte

Die Medizinische Fakultät gehört zu den Gründungsfakultäten der FAU und besteht seit 1743. Die ersten Professoren waren überwiegend Ärzte aus der Praxis ohne einschlägige Erfahrungen für ihre neue Aufgabe. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts waren die medizinischen Lehrstühle durchweg noch nicht fächerspezifisch definiert und offerierten ein überaus reiches und vielseitiges Lehrangebot. Anfänge einer Spezialisierung waren jedoch auch schon damals zu erkennen. Innerhalb der ersten 25 Jahre nach Gründung der FAU wurden in Erlangen etwa 100 Medizinstudierende ausgebildet und examiniert. 1770 erschien der erste Studienführer der Medizinischen Fakultät. Eigene Räumlichkeiten für die Versorgung der Kranken gab es jedoch noch nicht. Erst im Jahre 1815 wurde mit der Etablierung des chirurgischen Clinicums der praktische klinische Unterricht unabdingbarer Bestandteil der medizinischen Ausbildung und gab den Studierenden die Gelegenheit, Patienten selbstständig zu untersuchen, beurteilen und unter Anleitung zu behandeln. Die chirurgische Klinik war 1824 die erste klinische Institution der Erlanger Medizinischen Fakultät; dies war damals einmalig für Deutschland. Es folgte 1828 die Einrichtung einer Entbindungsanstalt, so dass die Medizinische Fakultät nun überall dort praktischen Anschauungsunterricht erteilen konnte, wo es der zeitgenössische Standard erforderte.

Im Jahre 1850 hielt die naturwissenschaftliche Medizin ihren Einzug in Erlangen, u. a. durch die Ernennung von Franz Dittrich zum Ordinarius der Therapie und Klinik und zum Direktor der medizinischen Klinik. Er hat entscheidend die Entwicklung zur Eigenständigkeit der pathologischen Anatomie in Erlangen vorbereitet.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Ordinarien, länger in Erlangen zu verweilen. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist Franz Penzoldt, der 45 Jahre in Erlangen wirkte und nach dem 2005 das Tierforschungszentrum der FAU benannt wurde.

Gleichzeitig setzte seit der Jahrhundertmitte die Spezialisierung in der Medizin ein, gekennzeichnet durch eine ungeheure Wissensvermehrung sowie eine Erweiterung des Methodenspektrums. Logische Konsequenz dieser Entwicklung war die beginnende Ausgliederung von Spezialgebieten um die Jahrhundertwende und somit die Neustrukturierung der Medizin.

Während des Nationalsozialismus stand auch die Erlanger Medizinische Fakultät unter dem Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie, was sich temporär auf der Lehrangebot auswirkte. Außerdem „lösten“ die Nationalsozialisten das Problem der Überfüllung der Hochschulen, von dem die Medizin in erhöhtem Maße betroffen war, durch den Ausschluss von jüdischen Bewerbern, die Beschränkung des Frauenanteils und den Versuch, einen Numerus Clausus (nach selektiven Kriterien) einzuführen. Obwohl in Erlangen die Intentionen des nationalsozialistischen Regimes weitestgehend umgesetzt wurden, gehörte die Medizinische Fakultät jedoch zu denjenigen Universitäten des Deutschen Reiches, an denen die Institutionalisierung der Rassenhygiene/-biologie/-politik trotz ihres hohen Stellenwertes innerhalb der nationalsozialistischen Ideologie nicht gelang.

Nach dem zweiten Weltkrieg führte der rasche Fortschritt in der medizinischen Forschung und in der Praxis zu weiteren Spezialisierungen und zur Einrichtung von entsprechenden selbstständigen Abteilungen. Bezeichnend für diese rasante Entwicklung ist die Einrichtung von 27 neuen Ordinariaten zwischen 1950 und 1992. Der Lehrstuhl für Arbeits- und Sozialmedizin z. B. wurde 1965 etabliert und gilt als „Keimzelle“ der deutschen Arbeitsmedizin, da er der erste arbeitsmedizinische Lehrstuhl in Deutschland war. Auch auf dem Gebiet Geriatrie/Gerontologie spielte Erlangen eine Vorreiterrolle in Deutschland, als das Institut für Gerontologie 1980 eingeweiht wurde.

Obwohl die Zahnmedizin als Spezialfach schon seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert etabliert war, erfolgte die institutionelle Ausgliederung erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Erlangen war eine der letzten Universitäten Deutschlands, die ein eigenes zahnärztliches Institut erhielten.

Die jüngste Vergangenheit der Medizinischen Fakultät ist geprägt von Wissenszuwachs, Spezialisierung und Expansion. Die Medizinische Fakultät trägt als organisatorische Grundeinheit der FAU im Rahmen ihrer Ausstattung die Verantwortung für wissenschaftliche Forschung, studentische Lehre, Studienberatung, Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie Prüfungen und Graduierungs-Verfahren. Die Mitglieder der Medizinischen Fakultät sind zur Kooperation in Forschung und Lehre und – soweit zutreffend – in Krankenversorgung sowie zur Mitwirkung in der akademischen Selbstverwaltung verpflichtet.

 

Quelle:

Wittern-Sterzel, R. Aus der Geschichte der Medizinischen Fakultät. In: 250 Jahre Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Festschrift. Hrsg. v. Henning Kössler. Erlangen: Univ. Bibliothek 1993, 315-420 (Erlanger Forschungen: Sonderreihe Bd. 4)