Vertraute Stimmen im Ohr

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Weaning-Prozess beschleunigen (v. l.): J. Ruppel, T. Heckelsmüller und L. Dietmar lassen Komapatienten vertraute Stimmen hören, um sie schneller selbstständig atmen zu lassen. (Foto: Universitätsklinikum Erlangen)

Erlanger Gesundheits- und Krankenpflegerinnen erhalten DGNI-Pflegepreis für Studie über auditiv stimuliertes Weaning

Durch Eigeninitiative zum Erfolg: Lisa Dietmar, Jana Ruppel und Tobias Heckelsmüller haben den begehrten Pflegepreis der Deutschen Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin gewonnen. Alle drei sind Gesundheits- und Krankenpfleger für Intensiv- und Anästhesiepflege DKG der Neuro-Intensivstation der Neurologischen und der Neurochirurgischen Klinik. In einer Studie an 20 Patienten hatten sie nachgewiesen, dass die Beatmungszeit von Komapatienten durch das Vorspielen von Angehörigenstimmen verkürzt werden kann.

Hallo Max, ich bin es, Martina. Atme ruhig weiter. Du bist auf der Intensivstation. Mach dir keine Sorgen, es wird auf dich aufgepasst. Atme ruhig weiter.

Aufnahmen wie diese, eingesprochen von vertrauten Personen, spielten L. Dietmar, J. Ruppel und T. Heckelsmüller Neurointensivpatienten im Rahmen ihrer Studie vor.

Wir wollten zeigen, dass Komapatienten, die über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet wurden, durch auditive Stimulation schneller zur Spontanatmung zurückfinden.

erklärten L. Dietmar und J. Ruppel ihre Intention.

Weaning-Prozess um ein Drittel reduziert

Grundsätzlich wird bei der Beatmungsentwöhnung, dem sogenannten Weaning, die Atemmuskulatur schrittweise trainiert, damit Patienten unabhängiger vom Beatmungsgerät werden. Dafür wird die Beatmung schrittweise reduziert. Genau in dem Moment, in dem die Spontanatmung einsetzen soll, spielten L. Dietmar, J. Ruppel und T. Heckelsmüller den Probanden eine Aufnahme mit Angehörigen über Kopfhörer vor. Die vertrauten Stimmen und die Erinnerung an das Atmen haben die künstlich beatmeten Komapatienten nachweislich dabei unterstützt, wieder selbstständig Luft zu holen. Die Studie der Erlanger Gesundheits- und Krankenpfleger mit dem Thema „„Lässt sich die kontrollierte Beatmungszeit von neurologischen Intensivpatienten mit intrazerebraler Blutung durch Vorspielen von Angehörigenstimmen per Kopfhörer verkürzen?“ zeigte, dass sich der Weaning-Prozess um ein Drittel verkürzen lässt, wenn Patienten die Stimmen ihrer Verwandten hören. So brauchten die Studienteilnehmer im Schnitt 76 Stunden, um eine 50-prozentige Spontanatmung zu erreichen, während die Kontrollgruppe ohne auditive Stimulation durchschnittlich 126 Stunden benötigte. Das auditiv unterstützte Weaning hat noch einen positiven Effekt: Dadurch, dass die Verwandten durch das Sprechen der vorgegebenen Texte aktiv an der Therapie beteiligt sind, können auch sie zur Genesung ihrer Liebsten beitragen.

In einer Situation, in der man sich als Angehöriger oft hilflos fühlt, kann das Halt geben.

erklären L. Dietmar und J. Ruppel.

Die beiden Gesundheits- und Krankenpflegerinnen führten die Studie, unterstützt von T. Heckelsmüller, zum Abschluss ihrer Weiterbildung für Intensiv- und Anästhesiepflege DKG durch. Dafür begleiteten sie 20 Patienten über einen Zeitraum von fünf Monaten.

Über den Preis

DGNI-Präsident, Prof. Dr. Georg Gahn, Karlsruhe, und T. Heckelsmüller. (Foto: www.dgni.de/aerzte/aktuelle-meldungen/640-preisverleihungen-dgni-pflegepreis-und-posterpreise-bei-der-anim-2018.html)

Der DGNI-Pflegepreis wird jährlich im Rahmen der Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin (ANIM), der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI) in Zusammenarbeit mit der Deutschen SchlaganfallGesellschaft (DSG), verliehen und ist mit 500 Euro dotiert. Damit würdigt die Fachgesellschaft Pflegekräfte, die mit ihrem professionellem Wissen und Handeln zur Verbesserung der intensivmedizinischen Patientenversorgung in der Neurologie und Neurochirurgie beitragen. Veröffentlichte oder unveröffentlichte Projektarbeiten, die z.B. im Rahmen der Fachweiterbildung in Intensivpflege und Anästhesie zum Thema NeuroIntensivmedizin erstellt werden und nicht älter als 24 Monate sind, können eingereicht werden.

Weitere Informationen

Tobias Heckelsmüller

Tel.: 09131 85-34351